Samstag, 24. September 2011

Hiss die Segel! Es geht in den Herbst....

Seit einer Woche bin ich wieder im Rheinlande ;-)...
Und nun beginnt der Herbst, der strahlende, wenn auch noch nicht so goldene Herbst. Die Sonne scheint vom Himmel, morgens gibt es den ersten Nebel, die ersten Blätter fallen, die Nächte werden kalt und länger. Es ist Mabon, die Zeit der Herbstäquinox, in der Tage und Nächte für kurze Zeit gleich lang sind, bevor die Dunkelheit ihren Triumphzug antritt und unsere Tage mehr und mehr zu Nächten werden...

Stürmische Böen und Regen habe ich in einer Woche auf Norderney erlebt, ganz andere Gewalten, ganz andere Gegensätze als hier, wo es manchmal tagelang regnen kann, alles grau in grau verschwimmt, der schnelle Wechsel von Sonne, Regen und Windböen aber eher eine Ausnahme bleibt. Auf Norderney habe ich sowohl ruhige, sonnige als auch sehr windige Tage erlebt. Als wir ankamen, herrschte noch Sommer - es war erstaunlich warm, die See war fast vollkommen ruhig und wir konnten einen herrlichen Sonnenuntergang genießen. Spaziergänge durch den Ort waren kein Problem, aber der Wind nahm von Tag zu Tag zu.

An einem sehr verregneten Tag machten wir uns dennoch abends auf in die Stadt, um etwas essen zu gehen. Zu dieser Zeit waren nur wenige Touristen unterwegs und auch die Straßen wirkten fast wie leergefegt. Wir beschlossen also über den Weststrand auf dem Deichweg nach Hause zu gehen. Außer dem bißchen Laternenlicht sahen wir eine Weile weit breit nichts, außer Lichtern in der Ferne und zwischendurch ein wenig Mondlicht. Es wirkte alles ein wenig unheimlich, die schwarze Wolkenwand, die ich über dem Wasser noch gerade so erkennen konnte und die stetig auf die Insel zutrieb, die paar Lichter vom Festland und der Siedlungen auf der Insel. Der Weg erschien uns ewig. Und zum ersten Mal begriff ich auch die mystische, dunkle Seite der Insel und der Nordsee. Was die Menschen in früheren Jahren und vielleicht heute immer noch zu Erfindungen von Seemannsgarn und Gruselgeschichten an der Küste bewegt. Tagsüber wirkt alles noch relativ harmlos, nachts, bei solchen Wetterlagen kehrt sich der friedliche Eindruck schnell um. Anders erscheint das Meer dann wiederrum, wenn der Vollmond scheint, die Wellen sich wie weiße Seile über eine dunkle Fläche ziehen und alles gewaltiger und schöner erscheint, als es das bei Sonnenschein - blau in blau - jemals sein könnte.

In diesen Tagen hat sich für mich auch das erste Mal ein Wunsch erfüllt - ich wollte einmal auf dem Meer segeln und das Gefühl kennenlernen. Ich bin schon immer gerne mit Schiffen gefahren, schon als Kind wollte ich immer wieder an den Rhein und habe den Wind und das Wasser geliebt. Meine Oma hat somit den einen oder anderen Schiffsausflug mit mir gemacht. Alle Fährfahrten über Nord- und Ostsee - und seien sie noch so kurz - habe ich immer sehr genossen und mich sehr darauf gefreut. Aber es gab mir nie das Gefühl, dem Wasser wirklich sehr nahe zu sein, das Prinzip von Fortbewegung auf dem Wasser wirklich zu begreifen. Auf einem Segelboot ließ sich das viel urspünglicher und schöner erleben. Wir hatten Glück, dass wir am vorletzten Urlaubstag noch mitsegeln konnten und wurden per Motorboot zum Segelboot befördert.

Drei Leute waren an Bord, der Skipper, ein erfahrener Segler, der am Steuerrad stand - und seine Frau. Mit Rettungswesten waren wir für den Notfall ausgerüstet und anfangs war ich auch ein bißchen aufgeregt. Zunächst fuhren wir noch mit dem Motor ein Stück raus, mein Blick ging immer wieder zu Norderneys Küste, dem Weststrand. Von der Fähre aus hat man auch einen schönen Blick, aber nun bekam ich auch die Nordseite mal vom Meer aus zu sehen. Zwischendurch kamen wir immer mal wieder ans Arbeiten: Ich schaltete den Motor aus, die Segel wurden in die richtige Position gebracht, an Leinen gezogen, gekurbelt, festgezurrt. Eine mir fremde Welt, die ich so schnell wie möglich begreifen wollte. Die ersten Momente, in denen ich schräg über dem Wasser hing, waren mir noch ein wenig unheimlich - aber dann fand ich richtig Gefallen daran, auf den Wellen zu kurven. Zugegeben - ich habe einen guten Gleichgewichtssinn. Ich habe als Kind viel getanzt und tue es immer wieder mal, vielleicht hilft mir das, auch bei viel Bewegung das Gleichgewicht zu halten. Das ruhige Segeln auf dem Wasser beeindruckte mich mehr als die motorisierten größeren Schiffe, mit denen ich bislang gefahren bin (es sind keine Kreuzfahrtschiffe gewesen ;-). Unser Skipper war bester Laune und erzählte viele lustige Geschichten und Anekdoten. Nachdem wir schon wieder Richtung Weststrand segelten, durfte ich das Steuerrad übernehmen. Ein kleines Highlight an diesem Tag war für mich ein Rotkehlchen, das aus heiterem Himmel von der Seeseite auftauchte und plötzlich auf unserem Boot zwitschernd ein paar Sekunden Pause machte, bevor es Richtung Norderney weiterflog. Absolut verblüffend, aber wohl keine absolute Seltenheit! Nun hieß es Bojen und andere Ziele anpeilen und kreuzen - und das bis zum Hafen. Die Wendemanöver waren ungewohnt aber sehr spannend. Es machte sehr viel Spaß und ich strengte mich an, um alles richtig zu machen.

Mir wurde schnell klar, dass das nicht mein letzter Segeltrip war und ich dachte darüber nach, vielleicht wirklich irgendwann einen Schein zu machen. Natürlich gibt es auch hier wie bei anderen "Fortbewegungsmitteln" Einiges zu beachten und alleine segeln wäre auf diesem Boot ohnehin nicht möglich - zumindest kann ich mir das bei den vielen Aufgaben, die man so (gleichzeitig) machen muss, nicht vorstellen. Nach diesem Ausflug ging ich auch nicht schwankend vom Boot, wie ich es anfangs vermutet hatte. Ich hatte noch Stunden danach genug Endorphine im Blut, um auf Wolke Sieben zu schweben. Um so schwerer fiel mir am nächsten Tag der Abschied von der sonnigen Insel, als ich auf der Fährüberfahrt dem Skipper auf dem Boot noch einmal winken konnte!

Der Abschied vom Meer ist immer schwer, diesmal - mit der kleinen Segelerfahrung im Gepäck - fiel es mir noch schwerer, die mit den Jahren gewachsenene "Nabelschnur" zwischen mir und dem Meer zu durchtrennen. Natürlich weiß ich, dass ich wiederkomme. Aber die Abstände sind mir oftmals zu lang, die Wege zu weit, die Möglichkeiten nicht immer da.

Nun beginnt der Herbst und mit ihm ohnehin eine Zeit des Abschieds. Die Fruchtbarkeit kehrt in die Erde zurück. Die Ernte vieler Früchte steht an, viele Felder sind bereits abgeerntet, Früchte und Gemüse zu haltbaren Lebensmitteln verarbeitet. Für viele, die heidnisch geprägt sind, bedeutet dies auch Bilanz zu ziehen über den Verlauf einiger Dinge, seien sie privat oder beruflich. Jeder fährt seine persönliche Ernte ein. Viele Dinge konnten wir bis dato gut steuern, haben alles getan um sie zu verwirklichen oder haben sie schleifen lassen. Andere Dinge konnten wir nicht zu Ende bringen, es lagen Steine im Weg oder wir hatten keine Kraft, den Weg weiterzugehen.

An Mabon versuchen wir auch, die positiven Aspekte aus dem, was wir geschaffen und erhalten haben, herauszustellen. Wir beleuchten positive Momente und schauen zurück auf den Anfang des Jahres, auf die Visionen und Pläne, die wir hatten. Für all die guten Dinge danken wir der Göttin/dem Gott, bringen das eine oder andere Opfer dar und wählen aus den angefangenen Dingen und Möglichkeiten die Dinge aus, die wir bis Ende des Jahres noch weiterbearbeiten oder verfolgen wollen. Noch herrscht in der Natur Lebendigkeit und Licht, Farbe und Wärme. Es gilt, soviel wie möglich von alle dem einzufangen, um die dunkle Zeit, die sogenannte Ruhezeit, die mit dem Fest Samhain beginnt, gut zu überstehen. Wer viele Kraftreserven und schöne Erinnerungen für sich sammelt, wird auch die dunkelsten Tage überstehen.

Meine schönste Erinnerung bleibt sicherlich erstmal das Segeln, viele schöne Momente am Meer, die Besuche in Hamburg und Lübeck, die Treffen mit einer lieben Freundin, die Jahreskreisfeste, meine Ausflüge zum Matronentempel und die vielen schönen Konzerte, die ich bislang in diesem Jahr erleben konnte. Vor mir liegt noch eine spannende, aber hoffentlich ruhige Zeit. Ich will sie nutzen, um im nächsten Jahr meine Ausbildung abzuschließen und danach etwas Neues zu starten.

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