Freitag, 23. Dezember 2011

Das Jahr geht zu Ende....

Keine Sorge, ich werde nicht das ganze Jahr analysieren. Aber ein bißchen Rückschau auf die "Highlights" werfen, ein paar Gedanken zum Ende des Jahres loswerden...

Ich hoffe, für alle, die dies lesen, ist das Jahr gut verlaufen. Die Hochs und Tiefs habe ich dieses Jahr bereits zweimal analysiert. Zu Mabon, der Herbst- Tag und Nachtgleiche habe ich mit meiner Freundin das erste Mal ein sibirisches Medizinrad gelegt. Diese rituelle Arbeit ging über Stunden und wir haben diese Art von Analyse und Rückblick auf das Jahr sehr intensiv empfunden. Es lässt sich anhand des Rades, das aus dem Schamanismus stammt, sehr gut darstellen, wo und an welchen Stationen man gestanden hat und wo man jetzt steht. Weiße und schwarze Fäden haben gute und schlechtere Zeiten im äußeren Kreis des Jahres verdeutlicht. Wir haben beide eine recht ausgewogene Verteilung am Ende im Kreis gesehen. Aber da fehlten auch noch ein paar Monate bis zum wirklichen Ende 2011.

Zur Wintersonnenwende kam eine weitere Freundin in unseren kleinen Jahreskreiszirkel. Nun sind wir zu dritt und da sich Harmonie schnell eingestellt hat, hoffe ich, dass wir nun öfter zusammen feiern. Auch zu diesem Fest nahmen wir drei einen Jahresrückblick vor und malten unser Jahr einfach farbig auf ein Blatt Papier. Mit Namen von Ereignissen und Personen, die uns bewegt haben kamen wir nochmal auf einige Themen zurück. Ich habe sehr viele positive Dinge erlebt, wie z. B. sehr schöne Konzerte, Wiedersehen mit einer Musikerin, Freundinnen. Eine Pilgerfahrt zum Matronentempel und eine in die Historie von Zülpich, die ebenfalls mit den Matronen zu tun hat.

Der Matronentempel ist zu einem wirklichen Pilger- und Rückzugsort für mich geworden. Im Lauf des Jahres bin ich immer wieder dorthin gefahren, habe Ruhe gesucht, kleine Opfer mitgenommen, Fotos gemacht, die Veränderungen der Jahreszeiten in ein und derselben schönen Landschaften erlebt. Nun, zum Ende fehlt mir noch der Schnee. Aber der wird wohl ausbleiben, die Tendenz geht nach meiner Beobachtung eher hin zu einem milden Winter.

Für mich, als Winter- und Herbstliebhaber ist das natürlich sehr traurig. Ich gehe gerne und viel raus in den Schnee, aber auch bei frostigen Temperaturen und Sonnenschein. Die letzten zwei Jahre sind wir damit überhäuft worden und auch zukünftig müssen wir uns mit weniger Schnee und Eis zufrieden geben. Der Klimawandel hinterlässt an uns allen seine Spuren und hat dieses Jahr bereits seine "Symptome" gezeigt. Es wäre schön, wenn Fortschritte in der Klimapolitik erkennbar wären, aber nach der letzten Klimakonferenz, die im Prinzip gescheitert ist, glaube ich momentan nicht mehr daran. So muss wohl jeder von uns seinen Teil weiterhin leisten.

Meine Kreativität hat mich auch dieses Jahr nicht losgelassen. Im Winter bzw. Frühjahr diesen Jahres malte ich das "Cherry Red Girl" auf Leinwandkarton. Es entstand aus dem gleichnamigen Song von Seth Lakeman, zudem ich mir immer mal wieder Gedanken machte. Das Motiv, sprich das Mädchen selbst, landete dann im Sommer nach ein bißchen Computerbearbeitung auf einem T-Shirt, das ich im Oktober dann auch auf einem Seth Lakeman-Konzert trug. Eine weitere Arbeit ist inzwischen abgeschlossen. Sie wird aber erst im Februar/März 2012 auf meiner Homepage in der Rubrik Kunst in der "Wallis Bird section" vorgestellt. Meine Finger stehen nun auch im Winter nicht still. Wenn ich jetzt auch meist weniger Energie zum Malen und Zeichnen habe, so habe ich mich der Handarbeit gewidmet. Ich habe das Stricken erlernt und habe schon ein großes Dreieckstuch und einen Schlauchschal fertig. Gerade arbeite ich an roten Stulpen mit Lochmuster, die mit schwarzen Samtbändern noch aufgepeppt werden. Ein Ende der Stricksucht ist noch nicht in Sicht.

Das Jahr 2011 war außerdem ein Jahr, in dem ich vieles zuende gebracht habe, gleichzeitig aber neue Erfahrungen gesammelt habe. Mein Praktikum war voller neuer Erfahrungen und Kreativität. Ich habe zudem an einer Hauptschule innerhalb weniger Tage einen Schwarzlichttanz auf die Bühne gebracht, ohne die Kids vorher zu kennen oder irgendeine konkrete Idee zu haben. Diese Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht und mir gezeigt, dass ich diese Dinge auch nach so vielen Jahren noch kann.

Sehr sportlich war ich sonst wohl nicht, auch wenn ich endlich das erste Mal einen Segeltörn mitmachen konnte. Die Verbindung zum Meer hat sich damit noch verstärkt, auch mein Wunsch, irgendwann den Segelschein zu machen. Zudem habe ich einen Schwertkampfworkshop besucht, bei dem japanische Schwertkampfkunst gelehrt wurde. Das Üben mit den Holzschwerten war eine neue Erfahrung, auch, dass jede Bewegung wie beim Tanz perfekt sitzen muss.

Ich denke, ich kann dieses Jahr überwiegend erfolgreich abhaken. Ich nehme eine Menge mit ins nächste Jahr, in dem viel Neues auf mich zukommen wird. Das Studentenleben geht dann so langsam zuende, viele Entscheidungen stehen an. Ich wünsche euch ein schönes Weihnachten oder "God Jul", wie man auf schwedisch sagt. Auch etwas, das ich im nächsten Jahr weiterlernen werde: Die schwedische Sprache. Ich hoffe, ihr habt eine ruhige Zeit und kommt gut durch die Rauhnächte. Gott nyår!

Samstag, 24. September 2011

Hiss die Segel! Es geht in den Herbst....

Seit einer Woche bin ich wieder im Rheinlande ;-)...
Und nun beginnt der Herbst, der strahlende, wenn auch noch nicht so goldene Herbst. Die Sonne scheint vom Himmel, morgens gibt es den ersten Nebel, die ersten Blätter fallen, die Nächte werden kalt und länger. Es ist Mabon, die Zeit der Herbstäquinox, in der Tage und Nächte für kurze Zeit gleich lang sind, bevor die Dunkelheit ihren Triumphzug antritt und unsere Tage mehr und mehr zu Nächten werden...

Stürmische Böen und Regen habe ich in einer Woche auf Norderney erlebt, ganz andere Gewalten, ganz andere Gegensätze als hier, wo es manchmal tagelang regnen kann, alles grau in grau verschwimmt, der schnelle Wechsel von Sonne, Regen und Windböen aber eher eine Ausnahme bleibt. Auf Norderney habe ich sowohl ruhige, sonnige als auch sehr windige Tage erlebt. Als wir ankamen, herrschte noch Sommer - es war erstaunlich warm, die See war fast vollkommen ruhig und wir konnten einen herrlichen Sonnenuntergang genießen. Spaziergänge durch den Ort waren kein Problem, aber der Wind nahm von Tag zu Tag zu.

An einem sehr verregneten Tag machten wir uns dennoch abends auf in die Stadt, um etwas essen zu gehen. Zu dieser Zeit waren nur wenige Touristen unterwegs und auch die Straßen wirkten fast wie leergefegt. Wir beschlossen also über den Weststrand auf dem Deichweg nach Hause zu gehen. Außer dem bißchen Laternenlicht sahen wir eine Weile weit breit nichts, außer Lichtern in der Ferne und zwischendurch ein wenig Mondlicht. Es wirkte alles ein wenig unheimlich, die schwarze Wolkenwand, die ich über dem Wasser noch gerade so erkennen konnte und die stetig auf die Insel zutrieb, die paar Lichter vom Festland und der Siedlungen auf der Insel. Der Weg erschien uns ewig. Und zum ersten Mal begriff ich auch die mystische, dunkle Seite der Insel und der Nordsee. Was die Menschen in früheren Jahren und vielleicht heute immer noch zu Erfindungen von Seemannsgarn und Gruselgeschichten an der Küste bewegt. Tagsüber wirkt alles noch relativ harmlos, nachts, bei solchen Wetterlagen kehrt sich der friedliche Eindruck schnell um. Anders erscheint das Meer dann wiederrum, wenn der Vollmond scheint, die Wellen sich wie weiße Seile über eine dunkle Fläche ziehen und alles gewaltiger und schöner erscheint, als es das bei Sonnenschein - blau in blau - jemals sein könnte.

In diesen Tagen hat sich für mich auch das erste Mal ein Wunsch erfüllt - ich wollte einmal auf dem Meer segeln und das Gefühl kennenlernen. Ich bin schon immer gerne mit Schiffen gefahren, schon als Kind wollte ich immer wieder an den Rhein und habe den Wind und das Wasser geliebt. Meine Oma hat somit den einen oder anderen Schiffsausflug mit mir gemacht. Alle Fährfahrten über Nord- und Ostsee - und seien sie noch so kurz - habe ich immer sehr genossen und mich sehr darauf gefreut. Aber es gab mir nie das Gefühl, dem Wasser wirklich sehr nahe zu sein, das Prinzip von Fortbewegung auf dem Wasser wirklich zu begreifen. Auf einem Segelboot ließ sich das viel urspünglicher und schöner erleben. Wir hatten Glück, dass wir am vorletzten Urlaubstag noch mitsegeln konnten und wurden per Motorboot zum Segelboot befördert.

Drei Leute waren an Bord, der Skipper, ein erfahrener Segler, der am Steuerrad stand - und seine Frau. Mit Rettungswesten waren wir für den Notfall ausgerüstet und anfangs war ich auch ein bißchen aufgeregt. Zunächst fuhren wir noch mit dem Motor ein Stück raus, mein Blick ging immer wieder zu Norderneys Küste, dem Weststrand. Von der Fähre aus hat man auch einen schönen Blick, aber nun bekam ich auch die Nordseite mal vom Meer aus zu sehen. Zwischendurch kamen wir immer mal wieder ans Arbeiten: Ich schaltete den Motor aus, die Segel wurden in die richtige Position gebracht, an Leinen gezogen, gekurbelt, festgezurrt. Eine mir fremde Welt, die ich so schnell wie möglich begreifen wollte. Die ersten Momente, in denen ich schräg über dem Wasser hing, waren mir noch ein wenig unheimlich - aber dann fand ich richtig Gefallen daran, auf den Wellen zu kurven. Zugegeben - ich habe einen guten Gleichgewichtssinn. Ich habe als Kind viel getanzt und tue es immer wieder mal, vielleicht hilft mir das, auch bei viel Bewegung das Gleichgewicht zu halten. Das ruhige Segeln auf dem Wasser beeindruckte mich mehr als die motorisierten größeren Schiffe, mit denen ich bislang gefahren bin (es sind keine Kreuzfahrtschiffe gewesen ;-). Unser Skipper war bester Laune und erzählte viele lustige Geschichten und Anekdoten. Nachdem wir schon wieder Richtung Weststrand segelten, durfte ich das Steuerrad übernehmen. Ein kleines Highlight an diesem Tag war für mich ein Rotkehlchen, das aus heiterem Himmel von der Seeseite auftauchte und plötzlich auf unserem Boot zwitschernd ein paar Sekunden Pause machte, bevor es Richtung Norderney weiterflog. Absolut verblüffend, aber wohl keine absolute Seltenheit! Nun hieß es Bojen und andere Ziele anpeilen und kreuzen - und das bis zum Hafen. Die Wendemanöver waren ungewohnt aber sehr spannend. Es machte sehr viel Spaß und ich strengte mich an, um alles richtig zu machen.

Mir wurde schnell klar, dass das nicht mein letzter Segeltrip war und ich dachte darüber nach, vielleicht wirklich irgendwann einen Schein zu machen. Natürlich gibt es auch hier wie bei anderen "Fortbewegungsmitteln" Einiges zu beachten und alleine segeln wäre auf diesem Boot ohnehin nicht möglich - zumindest kann ich mir das bei den vielen Aufgaben, die man so (gleichzeitig) machen muss, nicht vorstellen. Nach diesem Ausflug ging ich auch nicht schwankend vom Boot, wie ich es anfangs vermutet hatte. Ich hatte noch Stunden danach genug Endorphine im Blut, um auf Wolke Sieben zu schweben. Um so schwerer fiel mir am nächsten Tag der Abschied von der sonnigen Insel, als ich auf der Fährüberfahrt dem Skipper auf dem Boot noch einmal winken konnte!

Der Abschied vom Meer ist immer schwer, diesmal - mit der kleinen Segelerfahrung im Gepäck - fiel es mir noch schwerer, die mit den Jahren gewachsenene "Nabelschnur" zwischen mir und dem Meer zu durchtrennen. Natürlich weiß ich, dass ich wiederkomme. Aber die Abstände sind mir oftmals zu lang, die Wege zu weit, die Möglichkeiten nicht immer da.

Nun beginnt der Herbst und mit ihm ohnehin eine Zeit des Abschieds. Die Fruchtbarkeit kehrt in die Erde zurück. Die Ernte vieler Früchte steht an, viele Felder sind bereits abgeerntet, Früchte und Gemüse zu haltbaren Lebensmitteln verarbeitet. Für viele, die heidnisch geprägt sind, bedeutet dies auch Bilanz zu ziehen über den Verlauf einiger Dinge, seien sie privat oder beruflich. Jeder fährt seine persönliche Ernte ein. Viele Dinge konnten wir bis dato gut steuern, haben alles getan um sie zu verwirklichen oder haben sie schleifen lassen. Andere Dinge konnten wir nicht zu Ende bringen, es lagen Steine im Weg oder wir hatten keine Kraft, den Weg weiterzugehen.

An Mabon versuchen wir auch, die positiven Aspekte aus dem, was wir geschaffen und erhalten haben, herauszustellen. Wir beleuchten positive Momente und schauen zurück auf den Anfang des Jahres, auf die Visionen und Pläne, die wir hatten. Für all die guten Dinge danken wir der Göttin/dem Gott, bringen das eine oder andere Opfer dar und wählen aus den angefangenen Dingen und Möglichkeiten die Dinge aus, die wir bis Ende des Jahres noch weiterbearbeiten oder verfolgen wollen. Noch herrscht in der Natur Lebendigkeit und Licht, Farbe und Wärme. Es gilt, soviel wie möglich von alle dem einzufangen, um die dunkle Zeit, die sogenannte Ruhezeit, die mit dem Fest Samhain beginnt, gut zu überstehen. Wer viele Kraftreserven und schöne Erinnerungen für sich sammelt, wird auch die dunkelsten Tage überstehen.

Meine schönste Erinnerung bleibt sicherlich erstmal das Segeln, viele schöne Momente am Meer, die Besuche in Hamburg und Lübeck, die Treffen mit einer lieben Freundin, die Jahreskreisfeste, meine Ausflüge zum Matronentempel und die vielen schönen Konzerte, die ich bislang in diesem Jahr erleben konnte. Vor mir liegt noch eine spannende, aber hoffentlich ruhige Zeit. Ich will sie nutzen, um im nächsten Jahr meine Ausbildung abzuschließen und danach etwas Neues zu starten.

Sonntag, 17. Juli 2011

Mein schwarze Seite: Das Amphi Festival.

2008 fing alles an. Meine Freundin, die ihr Leben ganz der Gothic-Szene widmet, rief mich an und teilte mir mit, ihre Freundin würde sich bei ihr nicht melden und sie hätte doch ein Wochendticket für das Amphi-Festival übrig und niemanden, der mit ihr kommt. Ob ich nicht Lust hätte, mitzukommen. Ich überlegte nicht lange. Viel Erfahrung, was man zu so einem Event anzieht und was da noch so musikalisch auf mich zukommt, hatte ich zu dieser Zeit nicht. Ich hatte gerade erst begonnen, in die Welt der modernen Mittelalter-Musik einzutauchen. Natürlich gibt es hier auch Überschneidungen, aber musikalisch liegen Gothic und Mittelalter trotz großer Vielfalt eher weit auseinander. Während es bei der Mittelalter/bzw. Mittelalterrockmusik doch eher noch um einzelne mittelalterliche Instrumente und aussagekräftige Texte geht (und sehr fröhliches Volk auf den Events), kommt so manche Gothic-Band auch schon mal mit einfachen Beats aus dem Computer, wenig Text und wenig Instrumenten aus. Allerdings gibt auf beiden Seiten auch immer wieder gravierende Unterschiede und auch Überschneidungen.

Ich überlegte also nicht lange und sammelte aus meinem Kleiderschrank eine schwarze Samthose, ein schwarzes Oberteil und schwarze Chucks - recht unauffällig, aber auch nicht unauthentisch. Meine Freundin kann da natürlich mit einer großen Auswahl an den tollsten und aufwendigsten Outfits glänzen. Corsagen sind das wohl häufigst getragene Kleidungsstück, Stiefel, Röcke, Strumpfhosen, aber auch immer wieder unterschiedliche Wäschestücke, Hüte und eine unglaubliche Vielfalt an kleinen Details und ideenreichen Kombinationen. Wer bislang dachte, es ist halt alles schwarz, der irrt. Allein die Tatsache, mit welchen Stoffen, in welchen Formen und mit welchen Farbkombinationen schwarze Kleidung entworfen und zusammengestellt werden kann, ist schier unglaublich. Schließlich heißt das Motto auf solchen Veranstaltungen : "Sehen und gesehen werden". ;-)

Soviel Kreativität, die mir dort entgegenschlägt, finde ich höchstens auf Fantasycons oder auch schon mal Mittelaltermärkten. Abgesehen mal von dem Mut und der hohen Akzeptanz freizügiger und ungewöhnlicher Outfits. Aber die Gothicscene erfindet sich doch immer wieder aufs Neue. Natürlich werden Trends gesetzt. Immer wieder erscheinen neue Stile, Farben, Uniformen, Berufskleidung wie sie Krankenschwestern oder Stewardessen tragen. Es gibt aber auch dazwischen immer wieder einige, die eher der Jeans- und T-Shirt Fraktion angehören. Nicht jeder schmeißt sich für so ein Festival grundlegend in Schale. Und damit sollte es auch keinen Druck erzeugen. Natürlich erschlägt mich diese Vielfalt auf meinem ersten Festivalbesuch etwas. Ich bemühe mich, mir mein Erstaunen, aber auch mein "Fremdheitsgefühl" nicht so anmerken zu lassen. Aber man kann es so gar nicht verhindern, dass man immer wieder gegenseitig auf bestimmte Personen mit auffälligen oder interessanten Outfits hinweist. Ich denke schon, dass da innerlich bei vielen Vergleiche stattfinden, wie man sich selbst empfindet und wie die anderen.

Natürlich ist so ein Event ein Mekka für Fotografen. Viele suchen sich die schönsten und interessantesten Personen heraus und fragen sie, ob sie sich fotografieren lassen möchten. Viele sind darauf vorbereitet und posten gerne für die Fotografen. Die Sammlung solcher Festivalfotos findet sich dann oftmals auf bestimmten Seiten wieder, damit der- oder diejenige sich auch selbst einmal "sehen" kann.

Die ersten Bands, die wir beim Amphi 2008 sehen, reißen mich allerdings noch nicht vom Hocker. Sie sind sehr elektronisch, erinnern mich an eine Mischung aus Depeche Mode und modernen Technobeats. Aber natürlich führen sie bei den Zuhörern vom einfachen Mitwippen bis zum Tanzen und das bleibt für mich auch die Intention dieser Art von Musik. Rockiger wird es später mit der Band "Oomph!", die von Anfang eine Faszination auf mich ausübt. Mir gefallen einige Texte und zudem die nicht ganz elektronische Musik. Mit "Augen Auf!" landeten sie 2004 einen Charthit und gelten deshalb eher als kommerziell. Sie lassen sich laut Wikipedia auch musikalisch nicht ganz einem bestimmten Stil zuordnen, gehören aber dennoch in den Gothicbereich.

2008 standen auf dem Line Up auch "Deine Lakaien", eine Kultband in der Szene, die elektronische Klänge mit Streichern verbindet. Es gibt sie bereits seit 1985 und der Sänger Alexander Veljanov hat eine markante tiefe Stimme, die beruhigend, aber auch aufrüttelnd wirken kann. Schon 2008 ging ihre Musik nicht an mir vorbei, doch beim Amphi 2011 verfolgte ich sie aufmerksamer und verlor mich doch in einigen der wunderschönen Melodien mit den Chello- und Geigeneinlagen. Mir fiel auf, dass die elektronischen Sounds und Pianoklänge mit den klassischen Instrumenten zum Großteil harmonierten. Auch wenn die tiefe Stimme des Sängers eine ganz eigene melancholische Stimmung erzeugt, wurde ich an der einen oder anderen Stelle deutlich an die Kammerpop-Band "Naked Raven" erinnert, die durchaus experimentelle Popmusik mit Chello und Geige gewisse Ähnlichkeit aufwies. Die beiden Bands gehören verschiedenen Genres an. Aber letzlich spielt das bei meinem vielfältigen Musikgeschmack überhaupt keine Rolle. Das Konzert 2011 endete jedenfalls mit einigen tollen Zugaben und hat mir sehr gut gefallen.

Neben der Musik gibt es auf dem Amphifestival auch schon mal ein schönes Alternativprogramm wie Vorträge oder Buchvorstellungen. Zu Beginn schauten wir uns einen Vortrag des Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke an, der einige spannende Details aus seiner Arbeit vorstellte. Dabei wurde z. B. Hitlers Schädel genauer untersucht und einige Fragen, die bei der Arbeit aufkamen, geklärt. Beneke erklärte seine doch z. T. sehr skurrile Arbeit mit Schädeln und Leichenteilen so gewitzt, dass bei dem Thema sich so gar keine "Düsterstimmung" einstellte. Er unterlegte seinen Vortrag mit zum Teil witzigen und interessanten Fotos und bezog auch seine Lebensgefährtin, eine studierte Psychologin, in den Vortrag mitein.

Das Wetter spielte bei dem diesjährigen Amphi leider nicht ganz so gut mit. Der Samstag begann zwar warm und trocken, im Laufe des Tages zog es sich jedoch immer mehr zu und Regen setzte ein. Die Tour ums Gelände mit seinen vielen Ständen mit Kleidung, Accessoires, Musikcd's, Merchandise und Getränken und Gastronomie wurde mit Schirm beschritten. Meine Freundin kaufte sich dann auch einen großen wunderschönen schwarzen Schirm, unter dem zwei Personen Platz hatten. Gegessen habe ich dann ein paar asiatische Nudeln - natürlich auch unterm Schirm. ;-)

Außer den Lakaien sah ich zudem noch die Band "Tanzwut", die eine Mischung aus Elektronik und Mittelalter-Elementen spielt, "die Krupps" und ein paar Stücke von "Samsas Traum". Eigentlich stand an diesem Samstag ursprünglich "Subway to sally" auf dem Programm. Die mittelalterliche Rockband wurde aber auf den Sonntag verschoben. Da ich aber nur über eine Tageskarte verfügte, war es mir nicht möglich die Band zu sehen. Ich hoffe, es kommt noch die eine oder andere Gelegenheit für ein Konzert.

Zum Schluss standen wir jedenfalls im Trockenen unter den Dächern des Kölner Tanzbrunnens, hatten einige skurrile aber auch nette Begegnungen, Bekannte wiedergetroffen, andere verloren und uns sehr viel ausgetauscht. Nächstes Jahr stehen die "Sisters of Mercy" auf dem Programm und ich hoffe sehr, dass ich wieder mit von der Partie(y) sein kann!

Sonntag, 5. Juni 2011

Unforgettable....Saori Jo rockt Remscheid...

Ich habe dieses Wochenende nicht nur zwei Konzerte erlebt. Genaugenommen habe ich die Sängerin und Pianistin Saori Jo mit und ohne Band so oft spielen gehört, dass ich nicht zählen könnte, wie viele Stücke sie insgesamt gespielt hat. Das offizielle Konzert fand am Freitagabend im Rotationstheater in Remscheid-Lennep statt. Das Konzert war ausverkauft und ursprünglich sollte ein zweites Konzert am Samstag im Theater stattfinden, wozu es dann aber nicht kam. Also durfte man gestern abend die Band nochmal in dem kleinen Café genießen. Nach 2 1/2 Stunden Zugfahrt nach Remscheid war ich doch etwas geschafft - der Hitze sei Dank. Aber als ich ankam, wurde ich direkt mit bekannten Klängen belohnt. Saori saß mit dem Rücken zum Publikum an dem Klavier mit offener Front - so dass man einen richtigen Einblick in die Mechanik hatte. Miguel und Föss saßen schon fast im Türbereich - es war also doch eher wie ein kleines Wohnzimmerkonzert. Das machte auch die besondere Atmosphäre aus und zudem gab es Sachen zu hören, die ich sonst von Saori und Band nicht zu hören bekomme. Eines der besten Stücke war für mich "Nights in white satin", dass Saori in eine Version aus Blues und Reggae verwandelte. Immer wieder gab es sowohl Cover, als auch eigene Stücke zu hören, die mit Miguel an der Akustikgitarre deutlich anders klangen, als am Vortag. Kein Wunder, das zweite Konzert war auch eher ein "Unplugged"-Konzert. Zum guten Schluss spielte Saori für uns "Wonderful world" - das Stück, das bei den Jethro Tull-Konzerten immer am Ende des Konzertes eingespielt wird.

Nach dem grandiosen Auftritt verabschiedeteten wir uns wieder von den ersten Fans, das Café leerte sich zusehends. Der "harte Kern" blieb jedoch noch für Stunden. Ich musste mich mal wieder mit der englischen Sprache rumschlagen und hörte zudem zu, was Miguel und die anderen erzählten. Saori redete mit Frank auf französisch und genoss ihren Wein. Ich gönnte mir ein Stück von dem leckeren Schokokuchen (Kuchen ist immer da!). Irgendwann ging die Tür auf und drei Jazzmusiker kamen ins Café - sie brachten ihr Equipment für das Jazzfrühstück am nächsten Morgen. Und irgendwann hörte ich schon wieder Klavierklänge. Saori probierte alles aus, was sie jemals gelernt hatte. Selbst deutsche Weihnachtslieder waren dabei und mit einem breiten Grinsen im Gesicht und Lachanfällen sangen wir "Stille Nacht" oder "Oh Tannenbaum" mit. Dann waren wir auf einmal bei französischen Chansons, italienischen Klassikern oder spanischen Songs. Somit dauerte es auch nicht lange, bis Miguel oder Föss die Gitarre ergiff und Johannes, unser Wirt, seine Ukulele. Spannende Intrumentgefechte entstanden, interessante Liedvariationen, Geklopfe, Geklatsche und Gesang auf allen Seiten. An diesem Abend hab ich zudem auch gelernt, wie cool sich Nirvana, Pink Floyd oder die Eagles auf dem Klavier anhören können. Ich war bereits weit weg von einem normalen Konzert oder einem der wunderschönen Meets, die ich mit Musikern immer wieder erlebe. Ich war bereits mitten in einer Session, wie sie mir von meinem Vater so oft vorgeschwärmt worden war - jeder greift nach Feierabend einfach nach seinem Instrument und spielt. Zwischendurch wird gegessen, getrunken, geraucht, geredet. Irgendwann gegen halb drei waren wir dann aber doch alle müde. Inzwischen hatte sich die sommerliche Schwüle in Regenluft verwandelt. Doch auch als ich nach draußen in den Regen spaziere habe ich das Gefühl, der Traum ist noch nicht zuende....Fortsetzung folgt.

Sonntag, 1. Mai 2011

Beltane-Gedanken....

Kleiner Beltane-Altar mit Fotos
Der 1. Mai ist immer ein besonderer Tag. Es ist der Tag eines Neubeginns. Es ist nicht nur Tag der Arbeit, Feiertag und der Beginn eines neuen Monats, sondern auch ein Tag des Erwachens in einer Zeit des Wachstums. Die Beltanenacht zeigt das absolute Ende der dunklen, kalten Jahreszeit. Sie zeigt aber auch das Ende der Jugend, Zeit der Initiation, der Zeit des "Flügge-Werdens". Das, was bis dahin gewachsen ist, wird weiter wachsen, sich mit Wurzeln noch stärker mit der Erde verbinden und Früchte tragen.
Beltane ist der Höhepunkt der natürlichen Entwicklungen im Jahreslauf, dem Kreislauf von geboren werden, Reife gewinnen, sich vereinen, Gelerntes weitergeben und sterben. So wie die Natur gegen Lichtmess erste Spuren von neuem Leben zeigt, der Boden fürs Frühjahr vorbereitet wird, so bereiten wir uns auch auf die große Zeit des Erwachens und des Wachstums vor. Dann um Ostara wird gesäät, die ersten Pflanzen sprießen, das Wachstum beginnt wieder von vorne, lässt uns selbst aus der Winterstarre fallen und wieder nach draußen gehen, der Sonne und allem Leben entgegen. Das Leben verfielfacht sich vor unseren Augen und gibt uns die Lebensenergie zurück. An diesem höchsten Punkt der Lebensenergie stehen wir an Beltane vor dem Verschmelzen zweier Kräfte: Dem Männlichen und dem Weiblichen, ohne die nichts in der Natur Fortbestand hat.

Ein kleines "Elfen-Blumen-Opfer"
Jedes Jahr am Beltaneabend zieht es mich hinaus und meist feiere ich mit meiner Freundin ein kleines Fest, das für uns den Charakter dieser Zeit ausmacht. Meist befinden wir uns in Gedanken bei vielen wichtigen Entscheidungen, lassen uns von der Energie dieser Zeit mitreißen und versuchen, unsere Gedanken und Pläne zu ordnen. Bedürfnisse spielen eine große Rolle, welche Erfüllungen man findet und welche nicht. Immer wieder stehen sie an Beltane im Vordergrund - die Beziehung zu sich selbst und zu anderen. Beziehungen, Freundschaften, Bekanntschaften - sie alle können nur ausgelebt werden, wenn wir mit uns selbst im Reinen sind. Durch das Ritual in der Natur ist es möglich, sich klarer darüber zu werden, wo man steht und wo man stehen möchte. Wir sprechen Wünsche aus, bringen Opfer und danken der Göttin und dem Gott - oder auch einfach nur Mutter Natur - für das, was uns bislang geschenkt worden ist, was wir erreicht haben.
"Ich tanz den Feuertanz" - Abenddämmerung & Lagerfeuer ;-)
Wir denken bei unseren Wünschen auch andere wichtige Menschen und hoffen, dass wir weiterhin mit ihnen verbunden sind. Meist können wir auch schon eine Prognose abgeben, wie sich Manches über den Sommer hin entwickelt. Die Farbe Rot hat dabei einen symbolischen Charakter - den Jahreslauf kann man auf die Verwandlung der Archetypen der Göttin beziehen. Aus der weißen jungfräulichen Göttin wird die rote Muttergöttin. Mit dem Beltanefest wird dieser Übergang deutlich, es ist die Zeit eines Reifeprozesses, die Frauen meist zwischen Ende Zwanzig und Mitte Dreißig erleben. Man nimmt ein wenig Abschied von der Jugend, übernimmt mehr Verantwortung, gewinnt aber auch Sicherheit, da man sich selbst ein Stück weit besser kennt. Die Zeit der roten Göttin ist jedoch nicht umbedingt mit einer wirklichen Mutterrolle verbunden, sondern bedeutet vor allem Fürsorge für sich selbst und für Andere und Entscheidungen zu treffen, die verantwortbar sind.

Das Feuer ist das allgegenwärtige Element in dieser Zeit. Die Sonne hat bereits eine größere Kraft, aber auch unsere Kerzen und das Lagerfeuer lassen uns teil haben am Spiel der Elemente. Sie versetzen uns zurück in eine Zeit, in der das Leben sich noch nicht in solch komfortabler Weise abgespielt hat. Das Feuer lässt uns tanzen, uns erahnen, wieviel Macht es hat und wieviel dieser Feuerkraft in uns selbst lodert. In diesem Moment sind wir eins mit dem Element, unterscheiden uns nicht mehr vom frühen Homo sapiens. Das Feuer ist unser Licht, unser Wegweiser, unsere Heizung, unsere Kochstelle und unser Antrieb. Erschöpft und ein wenig schmutzig, mit dem typischen Lagerfeuerduft von zwei naturreligiösen Frauen, machen wir uns danach auf den Rückweg. Und auch wenn mir meine Knochen am Tag danach weh tun, bin ich immer wieder froh, Beltane gebührend gefeiert zu haben.

Merry Meet!

Sonntag, 23. Januar 2011

Niemals geht man so ganz - Tschüss Facebook!

Ich habe mir Facebook gut ein Jahr angeschaut - nein, nicht nur angeschaut, sondern ich habe aktiv mitgeschrieben, fleißig "gefällt mir" angeklickt, verlinkt, auf Pinnwände geschrieben, Fotos eingestellt und einige Daten angegeben und ausgetauscht. Nun, nach einem Jahr ziehe ich Bilanz...

Anfangs waren es nur einzelne Kontakte, die mich zu Facebook zogen. Ich war anfangs noch skeptisch, ob ich bei dem schlechten Ruf, den Facebook schon zu dieser Zeit hatte, den Schritt wagen soll. Aber dann waren einige Kontakte, die vor allem mit Konzerten zu tun haben, doch so wichtig, den Beitritt zu wagen. Mein Ziel war es aber nicht, all meine Zeit und Energie dort hinein zu stecken, sondern durch Facebook auch auf Neuerungen an meiner Homepage aufmerksam zu machen. Dies klappte anfangs auch hier und da noch. Dann hatte ich natürlich immer weniger Zeit für meine Homepage und schob größere Projekte immer weiter auf, veröffentlichte Updates auch nicht mehr.

Mit der Zeit wurden es natürlich immer mehr Kontakte von den "Freunden" von "Freunden" wie man so schön sagt. Nur zähneknirschend nimmt man es in Kauf, dass man auch alte Bekannte wiedertrifft, die man eigentlich "ad acta" gelegt hat. Dieses Phänomen kenne ich bereits von Portalen wie "Studi.vz" oder "Wer kennt wen?". Plötzlich tauchen da auch Unbekannte aus anderen Freundeskreisen auf, die man nicht kennt, nicht einschätzen kann oder die selbst nichts von sich preisgeben wollen. Nimmt man dann den einen oder anderen auf, versucht man sich zumindest durch eindeutige Sicherheitseinstellungen (Einteilung der Kontakte in Gruppen, die mit bestimmten Lese- und Schreiberechten rund um das eigene Profil zu tun haben) zu schützen. Der Mißbrauch von Daten, so wird uns  in den Medien weißgemacht, nimmt zu. Facebook selbst stand schon mehrfach in der Kritik, z. B. Fotos der Mitglieder anderweitig zu verwenden. Viele der gespeicherten Daten bleiben noch lange Zeit im Netz - allein eine vollständige Löschung des Profils dauert laut Angaben in einem Forum 14 Tage. Danach findet auch Freund Google noch das, was man selbst vielleicht nicht mehr vor Augen hat.

Der Unterschied zur eigenen Homepage liegt für mich persönlich darin, dass ich mir von Anfang an ein Konzept für meine Seite ausgedacht habe. Eine Struktur, die es mir emöglicht, in einem seriösen Rahmen meine Interessen und einen Teil meiner Persönlichkeit offenzulegen. Die Gestaltung ist dabei in jedem Fall etwas, in dem ich völlige Freiheit besitze und dass ich nach den Themen und Veränderungen anpassen kann. Grundsätzlich habe ich meine Homepage jedoch so konzipiert, dass die meisten Themen Bestand haben und das ich mir mit der Offenlegung von Daten und Fotos auch nach Jahren noch sicher bin, dass ich sie in der Öffentlichkeit präsentieren kann. Im Gegensatz zu Portalen und sozialen Netzwerken wie Facebook gestalte ich mir hier meine eigene Welt, die ich mittels Html (auch wenn es nicht mehr ganz zeitgemäß ist) in eine Form nach meiner Vorstellung bringen kann. Damit bewahre ich mir ein Stück Individualismus, der in "Gleichmacher-Netzwerken" dann doch irgendwo untergeht.

Aber dies ist auch nicht der Hauptgrund für meine Entscheidung, Facebook den Rücken zuzukehren. Zum einen ist es die viele Zeit, die man dort meiner Meinung nach auch oft sinnlos verbringt. Man stellt sich nach einiger Zeit ernsthaft die Frage, welche von diesen Leuten man zum engeren Freundeskreis zählen kann und welche nicht. Zu welchen Personen man persönlichen und regelmäßigen Kontakt hat und zu welchen nicht. Und welche sich die Mühe machen, persönliche Briefe, Karten und Anrufe zu starten. Am Ende bleibt von dem großen Fenster mit den Profilbildern der Facebook-Freunde nicht mehr viel übrig. Ein paar Freunde, der Partner, die Familie. Und selbst dort muss man manchmal noch Abstriche machen. Ich schwimme dem Trend entgegen und beschließe, dass persönliche Kontakte auch aus eigener Initiative und gerade ohne soziale Netzwerke existieren und vor allem belebt werden müssen. So war es lange vor Facebook und wenn ich zurückblicke, waren diese Kontakte immer regelmäßiger, als sie das in manchen Fällen heute sind.

Ein weiterer, für mich wichtiger Punkt für den Abschied von Facebook sind die vermehrten recht oberflächlichen Statusmeldungen. Selbst mit einem oder zwei Wörtern wird eine Statusmeldung versehen, um möglichst viele Rückfragen und Feedbacks zu erhalten. So aufregende Meldungen wie "geh jetzt schlafen, wünsch euch eine gute Nacht!" oder "ich koche gerade...." oder "komme gerade von der Arbeit" animieren mich zumindest nicht zum lesen, noch zu einer Antwort. Zwischen banalen Alltagsaktivitäten, Bildzeitungsklatsch, Lästerorgien, Selbstinszenierungen (die in gewissem Rahmen auch in Ordnung sind) und der täglichen Anhäufung von Videolinks, die manchmal eine unübersichtliche Reihe von Neuigkeiten verlängern und zudem weiteren Unsinn zum Inhalt haben, gehen Anregungen für wichtigere Themen verloren. Diskussionen kommen so nicht richtig in den Gang, verlinkte Artikel im Netz, die politische oder tiefgreifendere Inhalte haben, werden oftmals gar nicht gelesen und trotzdem bewertet. Wie sich dann manchmal herausstellt, hat derjenige auf "gefällt mir" geklickt und den Artikel gar nicht gelesen. Aufrufe zum eigenen Engangement, zu Protesten, Unterschriftsaktionen, Teilnahme an Veranstaltungen etc. gehen viel zu oft unter im Netz der großen Oberflächlichkeit.

Es könnte besser funktionieren, wenn die Posts oder Statusmeldungen täglich begrenzt wären oder wenn sich jeder genau überlegt, was er schreibt und woran er sich beteiligt. Es wäre sicherlich auch interessanter und tiefgreifender, wenn es nicht nur ein allgemeines Gewühl von Statusmeldungen gäbe, sondern Rubriken für bestimmte Themen, die Trennung von Statusmeldungen und Videoverlinkungen auf der Startseite. Dies würde dem Ganzen für den einzelnen User mehr Übersichtlichkeit bieten und es wäre vielleicht auch möglich, bestimmte Rubriken "unsichtbar" zu machen. Der Umgang mit Facebook wäre sicherlich auch lockerer, wenn die Alarmglocke des Datenmißbrauchs nicht ständig im Hinterkopf schellen würde. Und ein ganz wichtiger Punkt im Umgang mit sozialen Netzwerken ist grundsätzlich die Aufklärung über Sicherheitseinstellungen und Daten an den Schulen, wie sie auch im Informatikunterricht zum Teil schon erfolgt.

Ich ziehe mich guten Gewissens zurück, wenn mir natürlich eventuell der eine oder andere Kontakt verloren geht. Aber es liegt auch schließlich an Einzelnen, zu sehen, wo man mich im Netz oder Anderswo findet. Und dafür ist zukünftig hauptsächlich wieder meine Homepage da. Diese wird in diesem Jahr hoffentlich auch in einigen Bereichen erneuert  und soll weiterhin meine Präsenz im Netz sein, zu der ich voll und ganz stehe.