Sonntag, 23. Januar 2011

Niemals geht man so ganz - Tschüss Facebook!

Ich habe mir Facebook gut ein Jahr angeschaut - nein, nicht nur angeschaut, sondern ich habe aktiv mitgeschrieben, fleißig "gefällt mir" angeklickt, verlinkt, auf Pinnwände geschrieben, Fotos eingestellt und einige Daten angegeben und ausgetauscht. Nun, nach einem Jahr ziehe ich Bilanz...

Anfangs waren es nur einzelne Kontakte, die mich zu Facebook zogen. Ich war anfangs noch skeptisch, ob ich bei dem schlechten Ruf, den Facebook schon zu dieser Zeit hatte, den Schritt wagen soll. Aber dann waren einige Kontakte, die vor allem mit Konzerten zu tun haben, doch so wichtig, den Beitritt zu wagen. Mein Ziel war es aber nicht, all meine Zeit und Energie dort hinein zu stecken, sondern durch Facebook auch auf Neuerungen an meiner Homepage aufmerksam zu machen. Dies klappte anfangs auch hier und da noch. Dann hatte ich natürlich immer weniger Zeit für meine Homepage und schob größere Projekte immer weiter auf, veröffentlichte Updates auch nicht mehr.

Mit der Zeit wurden es natürlich immer mehr Kontakte von den "Freunden" von "Freunden" wie man so schön sagt. Nur zähneknirschend nimmt man es in Kauf, dass man auch alte Bekannte wiedertrifft, die man eigentlich "ad acta" gelegt hat. Dieses Phänomen kenne ich bereits von Portalen wie "Studi.vz" oder "Wer kennt wen?". Plötzlich tauchen da auch Unbekannte aus anderen Freundeskreisen auf, die man nicht kennt, nicht einschätzen kann oder die selbst nichts von sich preisgeben wollen. Nimmt man dann den einen oder anderen auf, versucht man sich zumindest durch eindeutige Sicherheitseinstellungen (Einteilung der Kontakte in Gruppen, die mit bestimmten Lese- und Schreiberechten rund um das eigene Profil zu tun haben) zu schützen. Der Mißbrauch von Daten, so wird uns  in den Medien weißgemacht, nimmt zu. Facebook selbst stand schon mehrfach in der Kritik, z. B. Fotos der Mitglieder anderweitig zu verwenden. Viele der gespeicherten Daten bleiben noch lange Zeit im Netz - allein eine vollständige Löschung des Profils dauert laut Angaben in einem Forum 14 Tage. Danach findet auch Freund Google noch das, was man selbst vielleicht nicht mehr vor Augen hat.

Der Unterschied zur eigenen Homepage liegt für mich persönlich darin, dass ich mir von Anfang an ein Konzept für meine Seite ausgedacht habe. Eine Struktur, die es mir emöglicht, in einem seriösen Rahmen meine Interessen und einen Teil meiner Persönlichkeit offenzulegen. Die Gestaltung ist dabei in jedem Fall etwas, in dem ich völlige Freiheit besitze und dass ich nach den Themen und Veränderungen anpassen kann. Grundsätzlich habe ich meine Homepage jedoch so konzipiert, dass die meisten Themen Bestand haben und das ich mir mit der Offenlegung von Daten und Fotos auch nach Jahren noch sicher bin, dass ich sie in der Öffentlichkeit präsentieren kann. Im Gegensatz zu Portalen und sozialen Netzwerken wie Facebook gestalte ich mir hier meine eigene Welt, die ich mittels Html (auch wenn es nicht mehr ganz zeitgemäß ist) in eine Form nach meiner Vorstellung bringen kann. Damit bewahre ich mir ein Stück Individualismus, der in "Gleichmacher-Netzwerken" dann doch irgendwo untergeht.

Aber dies ist auch nicht der Hauptgrund für meine Entscheidung, Facebook den Rücken zuzukehren. Zum einen ist es die viele Zeit, die man dort meiner Meinung nach auch oft sinnlos verbringt. Man stellt sich nach einiger Zeit ernsthaft die Frage, welche von diesen Leuten man zum engeren Freundeskreis zählen kann und welche nicht. Zu welchen Personen man persönlichen und regelmäßigen Kontakt hat und zu welchen nicht. Und welche sich die Mühe machen, persönliche Briefe, Karten und Anrufe zu starten. Am Ende bleibt von dem großen Fenster mit den Profilbildern der Facebook-Freunde nicht mehr viel übrig. Ein paar Freunde, der Partner, die Familie. Und selbst dort muss man manchmal noch Abstriche machen. Ich schwimme dem Trend entgegen und beschließe, dass persönliche Kontakte auch aus eigener Initiative und gerade ohne soziale Netzwerke existieren und vor allem belebt werden müssen. So war es lange vor Facebook und wenn ich zurückblicke, waren diese Kontakte immer regelmäßiger, als sie das in manchen Fällen heute sind.

Ein weiterer, für mich wichtiger Punkt für den Abschied von Facebook sind die vermehrten recht oberflächlichen Statusmeldungen. Selbst mit einem oder zwei Wörtern wird eine Statusmeldung versehen, um möglichst viele Rückfragen und Feedbacks zu erhalten. So aufregende Meldungen wie "geh jetzt schlafen, wünsch euch eine gute Nacht!" oder "ich koche gerade...." oder "komme gerade von der Arbeit" animieren mich zumindest nicht zum lesen, noch zu einer Antwort. Zwischen banalen Alltagsaktivitäten, Bildzeitungsklatsch, Lästerorgien, Selbstinszenierungen (die in gewissem Rahmen auch in Ordnung sind) und der täglichen Anhäufung von Videolinks, die manchmal eine unübersichtliche Reihe von Neuigkeiten verlängern und zudem weiteren Unsinn zum Inhalt haben, gehen Anregungen für wichtigere Themen verloren. Diskussionen kommen so nicht richtig in den Gang, verlinkte Artikel im Netz, die politische oder tiefgreifendere Inhalte haben, werden oftmals gar nicht gelesen und trotzdem bewertet. Wie sich dann manchmal herausstellt, hat derjenige auf "gefällt mir" geklickt und den Artikel gar nicht gelesen. Aufrufe zum eigenen Engangement, zu Protesten, Unterschriftsaktionen, Teilnahme an Veranstaltungen etc. gehen viel zu oft unter im Netz der großen Oberflächlichkeit.

Es könnte besser funktionieren, wenn die Posts oder Statusmeldungen täglich begrenzt wären oder wenn sich jeder genau überlegt, was er schreibt und woran er sich beteiligt. Es wäre sicherlich auch interessanter und tiefgreifender, wenn es nicht nur ein allgemeines Gewühl von Statusmeldungen gäbe, sondern Rubriken für bestimmte Themen, die Trennung von Statusmeldungen und Videoverlinkungen auf der Startseite. Dies würde dem Ganzen für den einzelnen User mehr Übersichtlichkeit bieten und es wäre vielleicht auch möglich, bestimmte Rubriken "unsichtbar" zu machen. Der Umgang mit Facebook wäre sicherlich auch lockerer, wenn die Alarmglocke des Datenmißbrauchs nicht ständig im Hinterkopf schellen würde. Und ein ganz wichtiger Punkt im Umgang mit sozialen Netzwerken ist grundsätzlich die Aufklärung über Sicherheitseinstellungen und Daten an den Schulen, wie sie auch im Informatikunterricht zum Teil schon erfolgt.

Ich ziehe mich guten Gewissens zurück, wenn mir natürlich eventuell der eine oder andere Kontakt verloren geht. Aber es liegt auch schließlich an Einzelnen, zu sehen, wo man mich im Netz oder Anderswo findet. Und dafür ist zukünftig hauptsächlich wieder meine Homepage da. Diese wird in diesem Jahr hoffentlich auch in einigen Bereichen erneuert  und soll weiterhin meine Präsenz im Netz sein, zu der ich voll und ganz stehe.